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Verbrechen gegen den Frieden.

Aus dem dem Gerichtshof vorgelegten Beweismaterial geht unwiderleglich hervor, daß der Generalstab und das Oberkommando der Wehrmacht im vollsten Maße über die verbrecherischen Angriffspläne der Hitler-Regierung unterrichtet und mit diesen Plänen einverstanden waren und aktiv an ihrer Ausarbeitung und Verwirklichung mitgewirkt haben.

Mit der Erscheinung des Buches »Mein Kampf« wurden die menschenfeindlichen Angriffspläne der Hitler-Verschwörer jedem Deutschen bekannt; sie wurden tagaus tagein, von Monat zu Monat, propagandistisch verbreitet.

Diese Pläne erfuhren von Anfang an die Billigung der deutschen militärischen Führer, die in der Folge ihre Erfahrung und ihr Wissen in den Dienst des Hitler-Reiches stellten.

Ich habe jedoch nicht die Absicht, mich in die Geschichte des Hitler-Reiches und seines Kriegsapparates zu vertiefen, um jetzt festzustellen, wann und unter welchen Umständen die verbrecherische Tätigkeit der führenden deutschen Militärkreise begonnen hat.

Ich möchte nur an einige sehr wichtige Dokumente erinnern, die in die Zeit des Kriegsbeginns fallen.

Schon am 23. Mai 1939 erklärte Hitler auf einer Besprechung mit den obersten Befehlshabern in der Neuen Reichskanzlei folgendes:

»Danzig ist nicht das Objekt, um das es geht. Es handelt sich für uns um die Erweiterung des Lebensraumes im Osten.

Es entfällt also die Frage, Polen zu schonen und bleibt der Entschluß, bei erster passender Gelegenheit Polen anzugreifen.«

Am 22. August 1939, in einer Besprechung auf dem Obersalzberg, entwickelte Hitler in Gegenwart hoher deutscher Offiziere und Generale seine politischen und militärischen Pläne. Er sagte folgendes:

»Vernichtung Polens im Vordergrund. Auch wenn im Westen Krieg ausbricht, bleibt Vernichtung Polens im Vordergrund. Ich werde propagandistischen Anlaß zur Auslösung des Krieges geben, gleichgültig, ob glaubhaft.«

In einer Besprechung der Oberbefehlshaber vom 23. November 1939 sagte Hitler zu seinen nächsten militärischen Ratgebern folgendes:

»Grundsätzlich habe ich die Wehrmacht nicht aufgestellt, um nicht zu schlagen. Der Entschluß zum Schlagen war immer in mir. Früher oder später wollte ich das Problem lösen. Zwangsläufig wurde entschieden, daß der Osten zunächst zum Ausfall gebracht wurde.«

Ist das nicht ein Beweis dafür, daß Hitler aus seinen verbrecherischen Plänen den höchsten militärischen Befehlshabern Hitler-Deutschlands gegenüber kein Hehl machte?

Noch überzeugender in diesem Zusammenhang sind die Kriegsoperationsdokumente des deutschen Oberkommandos, in denen in zynischer Form die verbrecherischen Angriffsziele der Hitler-Regierung auseinandergesetzt werden.

In der Weisung Hitlers vom 30. Mai 1938 über die Ausführung des Falles »Grün«, der die Eroberung der Tschechoslowakei vorsah, heißt es:

»Es ist mein unabänderlicher Entschluß, die Tschechoslowakei in absehbarer Zeit durch eine militärische Aktion zu zerschlagen.

Militärisch und politisch am günstigsten ist blitzschnelles Handeln auf Grund eines Zwischenfalles, durch den Deutschland in unerträglicher Weise provoziert wurde und der wenigstens einem Teil der Weltöffentlichkeit gegenüber die moralische Berechtigung zu militärischen Maßnahmen gibt.«

Oder auch der Befehl vom 27. März 1941 zum Überfall auf Jugoslawien, der folgendes vorsieht:

»Ohne mögliche Loyalitätserklärungen Jugoslawiens abzuwarten, muß man alle Vorbereitungen treffen, um Jugoslawien militärisch und als Staatsgebilde zu zerschlagen.«

Diese zynische Offenheit erreicht ihren Höhepunkt in den deutschen Dokumenten vor den Kriegsoperationen, die die Vorbereitung des Überfalls auf die Sowjetunion betreffen.

In einer Weisung des OKW über besondere Gebiete vom 13. März 1941, das heißt also noch lange vor Beginn des Angriffs auf die Sowjetunion, heißt es ganz offen:

»Das im Zuge der Operationen zu besetzende russische Gebiet soll, sobald der Ablauf der Kampfhandlungen es erlaubt, nach besonderen Richtlinien in Staaten mit eigenen Regierungen aufgelöst werden.«

In den Richtlinien zur Durchführung der Propaganda im Gebiet »Barbarossa«, die vom OKW im Juni 1941 herausgegeben worden sind, war vorgesehen, daß

»... vorläufig keine Propaganda für die Zerstückelung der Sowjetunion geführt werden soll.«

Endlich lautet das Dokument 21 vom 18. Dezember 1940, das unter dem Decknamen Fall »Barbarossa« lief, wie folgt:

»Das Endziel der Operationen ist die Abschirmung gegen das asiatische Rußland auf der allgemeinen Linie Archangelsk-Wolga.«

Der ehemalige Generalfeldmarschall der deutschen Armee, Friedrich Paulus, erläuterte hier vor dem Gerichtshof erschöpfend dieses »Endziel« Hitler- Deutschlands im Kriege gegen die Sowjetunion, welches dem Oberkommando der deutschen Wehrmacht bekannt war.

Nicht weniger überzeugend ist ein Befehl des ehemaligen Oberbefehlshabers der 11. deutschen Armee, Generalfeldmarschalls von Manstein, den meine amerikanischen Kollegen vor dem Gerichtshof verlesen haben. Darin hat Manstein die politischen Ziele des Krieges gegen die Sowjetunion im Geiste der Richtlinien Hitlers erläutert und seine Untergebenen davon eindeutig in Kenntnis gesetzt, daß das Ziel des Überfalls auf die Sowjetunion die Beseitigung des bestehenden politischen Systems der Staatsführung sei.

Sehr eigenartig klingen nach all diesem die Worte des Hitler-Generals von Manstein, daß er nur Soldat gewesen sei und von der Politik der Hitler-Regierung keine Kenntnis gehabt habe.

Dieser Befehl zeigt nicht nur, daß die Generale um die politischen Ziele des Krieges wußten, sondern auch, daß sie sie voll billigten. Es hätte auch nicht anders sein können – denn was hätte Hitler tun können, wenn seine militärischen Fachleute, die Generale der deutschen Wehrmacht, seinen Plänen nicht zugestimmt hätten?