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Die Reichsregierung.

Ich komme nun auf die letzte Organisation zu sprechen, die als verbrecherisch erklärt werden soll, die Reichsregierung, die eine besondere hervorragende Stellung im System der faschistischen Diktatur innehatte.

Anlage »C« zur Anklageschrift enthält eine genaue Aufzählung der Personen, die Regierungsmitglieder waren und die daher die Verantwortung für die von den Hitleristen begangenen Verbrechen laut Punkt 1, 2, 3 und 4 der Anklageschrift tragen.

Im Laufe von neun Monaten hat der Gerichtshof Beweismaterial für die ungeheuerlichen Verbrechen der Nazis studiert. Wir haben hier von den Verbrechen der Polizei und der Wehrmacht, der SS-Leute und Gestapo-Leute, der Reichsprotektoren und der Reichskommissare für die besetzten Gebiete, der verschiedenen Führer und Leiter gehört, und wir können kategorisch erklären, daß die Planmäßigkeit der Durchführungsmaßnahmen und Methoden Zeugnis davon ablegt, daß diese Verbrechen von einem einzigen Zentrum aus geleitet und durchgeführt wurden. Die Fäden all dieser zahlreichen und vielgestaltigen Verbrechen führen alle zu der faschistischen Verschwörerbande und zur verbrecherischen Hitler-Regierung.

In diesem Lichte erscheinen die Erklärungen der Verteidigung und der Angeklagten darüber, daß der Ministerrat unter Hitler nur ein technischer Apparat ohne jede Vollzugsgewalt gewesen sei, absolut nicht überzeugend. Tatsächlich haben die Minister nicht nur selbst die Fragen behandelt, die in ihren Kompetenzbereich fielen, sondern waren überdies die Vollstrecker von Hitlers Willen. Es ist richtig, daß die endgültige Entscheidung bei offiziellen und inoffiziellen Besprechungen und Beratungen von Hitler selbst gefällt wurde. Daneben darf man aber die Tatsache nicht vergessen, daß ein jeder der Hitlerschen Minister Führer in seinem Amtsbereich war und durch Ratschläge, Vorlage von Material, Gesetzentwürfe und Befehle einen wesentlichen Einfluß auf die von Hitler gefällten Entscheidungen ausgeübt hat und dies in Fragen, die den Wirkungskreis mehrerer Ministerien umfaßten. Man muß auch in Betracht ziehen, daß der Wille Hitlers voll und ganz mit den persönlichen Ansichten und Überzeugungen seiner Minister übereinstimmte. Hitler hatte sie in demselben Maße nötig, wie sie Hitler nötig hatten. Göring, Frick, Rosenberg, Neurath, Speer, Funk und andere sind ohne Hitler nicht denkbar, und ebenso kann man sich Hitler nicht ohne sie vorstellen. Unter Hitlers Leitung nahmen sie aktiven Anteil an der Ausarbeitung der faschistischen Verschwörung, und jeder von ihnen hat in der Rolle, die der allgemeine Verbrecherplan für die Tätigkeit buchstäblich eines jeden Amtes vorsah, bewußt und aktiv an der Durchführung dieses Planes gearbeitet.

Als Leiter der Schlüsselministerien in Hitler- Deutschland – Finanzen, Wirtschaft, Justiz, Verkehr und so weiter – haben sie in der Zeitspanne von 1933 bis 1945 die ganze gesetzgebende, vollziehende, administrative und politische Macht gehabt. Und diese Macht haben sie benutzt, um die verbrecherischen Pläne durchzuführen: Eroberung fremder Gebiete, Vernichtung von Rassen und Völkern, Errichtung einer Weltherrschaft. Und um die Durchführung dieser verbrecherischen Pläne zu erleichtern, haben sie in erster Linie die Macht über das deutsche Volk und das Deutsche Reich ergriffen und mit drakonischen Maßnahmen aufrechterhalten.

Die Welle des faschistischen Terrors rollte über ganz Deutschland, noch ehe Hitler die Macht ergriff; der Terror verstärkte sich, als er 1933 Kanzler und die Angeklagten Frick, Papen und Neurath Reichsminister wurden. Ihre Stellung in der Reichsregierung benutzten diese faschistischen Minister dazu, den Terror der Sturmabteilungen der nazistischen Partei zu legalisieren. Sie bereiteten auf diese Weise die totale Machtergreifung vor, wobei sie den vom Angeklagten Göring organisierten Reichstagsbrand benutzten.

Unmittelbar nach der faschistischen Machtergreifung erscheint am 24. März 1933 ein »Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich«, das der Reichsregierung unter Umgehung des Reichstags gesetzgebende Gewalt gab.

Am 26. Mai 1933 erläßt die Reichsregierung die Verordnung über die Einziehung des kommunistischen Vermögens; am 14. Juli desselben Jahres wird das Vermögen der sozialdemokratischen Organisationen eingezogen. Am 1. Dezember 1933 erläßt die verbrecherische Reichsregierung das »Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat« mit der Unterschrift Hitlers und des Angeklagten Frick.

In Fortsetzung der Liquidierung demokratischer Institutionen hebt die Reichsregierung 1934 durch ein »Gesetz über den Neuaufbau des Reichs« die demokratischen Wahlen zum Reichstag und zu den Landtagen auf. Der Reichstag wird von den Faschisten zu einer Institution verwandelt, die keine tatsächliche Bedeutung hat.

Auf Grund des Gesetzes vom 7. April 1933 und anderer Gesetze werden alle Staatsbeamten, darunter auch Richter, die jemals antifaschistische Tendenzen zeigten oder zu Linksorganisationen gehörten, sowie Juden aus dem Dienst entlassen und durch Faschisten ersetzt. Gemäß den grundlegenden Bestimmungen des Deutschen Beamtengesetzes vom 26. Januar 1937 ist die innere Verbundenheit des Beamten mit der Partei Voraussetzung zu seiner Ernennung auf einen Posten. Der Beamte

»... ist der Vollstrecker des Willens des von der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei getragenen Staates.«

Die faschistische Gleichschaltung des Staatsapparates in Deutschland macht es den Hitler-Verschwörern möglich, ihn künftig als ein gehorsames Werkzeug für die Durchführung ihrer verbrecherischen Pläne zu benutzen.

Um die faschistische Ideologie einzuimpfen und die Bevölkerung zu betrügen, ergreift die Hitler-Regierung eine Reihe von Maßnahmen.

Am 1. Mai 1934 wird ein Ministerium für Erziehung und Volksbildung geschaffen; es überwacht die Schulung der Jugend im Geiste des Militarismus, des Rassenhasses und einer vom faschistischen Traumwahn verdrehten Vorstellung von der Wirklichkeit.

Aufgaben dieser Art lagen auch dem Reichsjugendführer und den ihm unterstellten Organen ob.

Die Freiheit der Person, der Rede und der Presse wird aufgehoben.

Die freien Gewerkschaften werden vernichtet, ihr Eigentum wird beschlagnahmt, während die Mehrzahl der leitenden Gewerkschaftler ins Gefängnis geworfen werden.

Um jeden Widerstand terroristisch zu unterdrücken, schafft die Regierung die Gestapo und die Konzentrationslager. Ohne jedes Gerichtsverfahren und ohne Erhebung irgendeiner konkreten Anklage werden Hunderttausende von Menschen festgenommen und vernichtet auf den bloßen Verdacht antifaschistischer Gesinnung hin. Die Verteidigung bemüht sich zu versichern, daß Mitglieder der Reichsregierung an der Herausgabe der schändlichen Nürnberger Gesetze und der Rassendiskriminierung gegen die Juden nicht teilgenommen haben. Dabei enthielten die Nürnberger Gesetze besondere Aufgaben für zwei Mitglieder der Regierung: Heß und Frick, die Ergänzungsbestimmungen ausarbeiten und erlassen sollten. Und diese Bestimmungen sind auch tatsächlich von Heß und Frick erlassen worden. Derselbe Frick hat gemeinsam mit Funk im Auftrage von Göring am 3. Dezember 1938 ein Dekret über die Liquidierung des jüdischen Vermögens und eine Reihe anderer Verordnungen erlassen.

In jedem Staate trägt die Regierung die Verantwortung für alle Gesetze, die während ihrer Amtszeit erlassen wurden.

Der Gerichtshof hat Gelegenheit gehabt, die Tätigkeit der Hitler-Regierung genau zu studieren, die auf Vorbereitung und Führung von Angriffen gerichtet war. Ich brauche nicht an den Angriff auf Österreich und die Tschechoslowakei in den Jahren 1938 bis 1939, an den Angriff auf Polen, Jugoslawien und die Sowjetunion zu erinnern. Zahlreiche Dokumente, die dem Gerichtshof vorliegen, beweisen, daß die Hitler- Regierung alles getan hat, um die besetzten Gebiete Frankreichs, Polens, der Tschechoslowakei, Jugoslawiens, Norwegens, Hollands, Belgiens und anderer Länder, sowie Teile der Sowjetunion in ihrem Machtbereich zu behalten. Nur die mächtigen Schläge der Roten Armee und der Armeen der alliierten Länder haben die Verwirklichung der räuberischen Pläne der faschistischen Verschwörer vereitelt.

Die Umtriebe der Hitler-Regierung haben zum Kriege geführt, der Millionen Menschenleben gekostet hat und unermeßliche materielle Verluste und vielen Völkern unsagbares Leid verursacht hat.

Die Hitler-Regierung trägt auch die Verantwortung für alle Kriegsverbrechen und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die von der deutschen Wehrmacht und den deutschen Beamten im Laufe des Krieges verübt wurden. Zahlreiche Dokumente, die dem Gerichtshof vorliegen, haben klar genug erwiesen, daß Hitler-Deutschland sich auf einen Krieg mit den erbarmungslosesten Mitteln vorbereitete, ohne jede Rücksicht auf die Gesetze und Gebräuche der Kriegführung.

Die Kriegsverbrechen und die Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurden nicht nur gegen die Soldaten der friedliebenden Völker begangen, die sich vereint gegen den faschistischen Angreifer wehrten, sondern auch an der unschuldigen Zivilbevölkerung. Noch vor dem verräterischen Angriff auf die Sowjetunion hat die Regierung Hitler-Deutschlands sorgfältig Pläne ausgearbeitet, die auf eine ungeheuerliche Vernichtung der besten Elemente des sowjetischen Volkes abzielten.

Die seinerzeit von der Außerordentlichen staatlichen Kommission veröffentlichten Berichte über die deutsch-faschistischen Greueltaten in Nowgorod, Stawropol, Orel, Stalino, Smolensk, Kiew und anderen Städten beweisen, daß ein durchgearbeiteter Plan zur vorbedachten Massenvernichtung von Kriegsgefangenen und friedlichen Sowjetbürgern durch die deutschen Eroberer existierte.

Alle Angeklagten – Mitglieder der Hitler-Regierung – behaupten heuchlerisch, daß sie von den unerhörten Greueltaten der Hitler-Leute in den Konzentrationslagern, von der zügellosen Willkür der SS-Leute, von den Ausschreitungen der deutschen Machthaber in den zeitweilig besetzten Gebieten angeblich erst hier vor dem Gerichtshof Kenntnis erhalten hätten. Diese Behauptung ist offensichtlich eine Lüge.

Diese Tatsachen waren bis zu einem gewissen Grade einem jeden Deutschen bekannt. Darüber hatte der Rundfunk der ganzen Welt berichtet.

Die empörenden Greueltaten, die die deutschen Machthaber an sowjetischen Kriegsgefangenen und friedlichen Sowjetbürgern verübten, waren der ganzen Welt in den Noten des Volkskommissars für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR, V. M. Molotow, vom 25. November 1941 und 27. April 1942 bekanntgegeben worden. Und obwohl die Verletzung der elementarsten Regeln des Völkerrechts und der menschlichen Moral durch die deutsche Wehrmacht und deutsche Behörden der Reichsregierung aus den oben erwähnten Noten bekanntgeworden ist, fuhr man fort, die Gesetze und Gebräuche der Kriegführung in verbrecherischer Weise auch in den Jahren 1943 bis 1945 mit Füßen zu treten. Folglich ist klar, daß diese Verbrechen mit Wissen und auf Befehl der Hitler-Regierung begangen worden sind.

Hat Rosenberg etwa die Aktennotiz von Lammers nicht bekommen, in der es heißt, daß die Genfer Konvention auf sowjetische Kriegsgefangene keine Anwendung findet?

Oder ist etwa das Rundschreiben der Parteikanzlei, das vom Angeklagten Bormann unterzeichnet war, nicht an die Minister geschickt worden? Es enthielt Anweisungen für die grausame Behandlung und Beschimpfung der Sowjet-Kriegsgefangenen.

Sind das Innenministerium, das Reichssicherheitshauptamt, die Gestapo, die Gefängnisse und die Konzentrationslager etwa nicht Organe der Deutschen Regierung?

Die Regierung muß in vollem Maße die Verantwortung für die von diesen faschistischen Staatsorganen begangenen Greueltaten tragen.

Die Mitglieder der Hitler-Regierung haben mit allen Mitteln versucht, von den SS-Leuten abzurücken. Als sie überführt wurden, haben sie jedesmal irgendeine neue Version gefunden, die eine lügenhafter als die andere. Rosenberg, Neurath, Frick, Ribbentrop und die übrigen Minister waren SS-Generale.

Dies war keineswegs eine Formsache. Man kann sich davon beispielsweise aus dem Brief des Angeklagten Ribbentrop an Himmler vom 22. Juli 1940 überzeugen; dieser Brief ist dem Gerichtshof von der Sowjet-Anklagevertretung vorgelegt worden.

Der Minister Rosenberg hat versucht, den Gerichtshof glauben zu machen, er hätte nichts von den greulichen Befehlen des Ministers Himmler gewußt.

Es war aber gerade Himmler, der dafür Sorge trug, daß der Reichsminister für die besetzten Ostgebiete, Rosenberg, von dem Befehl Kenntnis erhielt, den er am 7. September 1943 an die Führer der SS und des SD erteilte. Sie sollten gemeinsam mit den militärischen Befehlshabern die totale Zerstörung der Ukraine durchführen; ich zitiere:

»Kein einziger Mensch, kein Stück Vieh, kein Zentner Getreide, keine Eisenbahnlinie, kein einziges unzerstörtes Haus, kein einziges Bergwerk, das man in den nächsten Jahren gebrauchen könnte, kein einziger unvergifteter Brunnen soll übrigbleiben.«

Er empfahl, besonders darauf zu achten, daß Rosenberg, der Reichsminister für die besetzten Ostgebiete, von diesem Befehl unterrichtet werde.

Minister Göring hat am 8. März 1940 an die höchsten Reichsstellen eine verbrecherische Weisung über die Behandlung von Zivilarbeitern und -arbeiterinnen polnischer Staatsangehörigkeit im Reich schicken lassen.

Minister Frank erhält Weisungen von Göring – wie er wiederholt in seinem Tagebuch vermerkt – über die Verschleppung von Hunderttausenden von Polen in die deutsche Sklaverei unter Anwendung beliebiger Mittel.

Die Minister Speer, Sauckel, Rosenberg, Keitel, Funk, Seyß-Inquart und andere sind hier vor Gericht überführt worden, Weisungen zur Ausnutzung der Arbeitskraft von Kriegsgefangenen und friedlichen Bewohnern der von den Deutschen besetzten Gebiete ausgearbeitet und erlassen zu haben.

Niemand anders als der Minister Rosenberg hat die Maßnahmen der Heeresgruppe Mitte über die Ergreifung von 40000 bis 50000 Kindern von 10 bis 14 Jahren auf Sowjetgebiet und ihren Abtransport nach Deutschland gebilligt.

Zeugen diese Beispiele etwa nicht von den Verbrechen der Hitler-Regierung?

Es ist durch dokumentarische Beweise festgelegt, daß die planmäßig organisierte Ausplünderung der von den Deutschen eroberten Gebiete nach offiziellen Weisungen und Verordnungen der Hitler-Regierung und ihrer einzelnen Mitglieder vor sich ging. Die Weisungen des Ministers Göring über den planmäßigen Raub in den besetzten Sowjetgebieten – Görings sogenannte »Grüne Mappe« – die Tätigkeit des räuberischen Einsatzstabes und des Bataillons zur besonderen Verwendung, die Weisungen der Minister Rosenberg und Ribbentrop über den Raub von Kunstschätzen und Kulturdenkmälern, die Tätigkeit der Minister Funk und Speer – ist das etwa nicht genug, um den Schluß zu ziehen, daß die Hitler-Regierung an der Ausplünderung der von den Deutschen besetzten Gebiete teilgenommen hat?

Die Deutsche Reichsregierung ist verantwortlich für die Ausraubung staatlichen, öffentlichen und privaten Eigentums und für die Zerstörung und Plünderung kultureller Werte auf den zeitweilig, von den Hitleristen besetzten Gebieten. Der UdSSR allein ist ein Sachschaden im Betrag von 679 Milliarden Rubel zugefügt worden.

Die Mitglieder der Reichsregierung tragen die Verantwortung für die zwangsweise Germanisierung der von den Deutschen besetzten Gebiete. Es waren die Reichsminister Göring, Frick, Heß, Lammers, die die Verordnung über den Anschluß der vier westlichen Provinzen Polens an Deutschland unterzeichneten.

Niemand anders als Minister Frick sagte in seiner Instruktion an den Gauleiter Rainer:

»... Ihre wesentlichste Aufgabe wird es sein, die neuen Gebiete Südostkärntens und Oberkrains restlos einzugliedern... Denn ohne die Schaffung eines Walles von deutschen Menschen in diesem Lande wird jedes noch so schöne Verwaltungsgebäude früher oder später zusammenbrechen... Ihre Aufgabe, Parteigenosse Rainer, ist es nun, dieses Land wieder ganz und gar deutsch zu machen...«

Man braucht sich nur zu erinnern an die Vereinbarung der Minister Ribbentrop und Himmler über die Organisation eines Spionagedienstes im Auslande; an die Vereinbarung zwischen Himmler und Bormann und dem Justizminister Thierack vom 18. November 1942 über die Durchführung besonderer Polizeimaßnahmen zur Vernichtung der Juden, Zigeuner, Russen, Ukrainer, Polen, Tschechen, als sogenannte asoziale Elemente; an den Brief des Ministers Lammers vom 4. Juni 1944 an den Minister Thierack über den Straferlaß für die Schuldigen an der Ermordung der notgelandeten alliierten Flieger; an den Brief des Ministers Keitel an den Außenminister über die Frage der Behandlung der alliierten Flieger – dann kann man sich diese Banditen-Regierung gut vorstellen.

Am 4. Februar 1938 schuf Hitler den Geheimen Kabinettsrat und gab seiner Bedeutung in folgenden Worten Ausdruck:

»Zu meiner Beratung in der Führung der Außenpolitik setze ich einen Geheimen Kabinettsrat ein.«

Als Vorsitzenden des Geheimen Kabinettsrates berief Hitler Neurath, zu Mitgliedern machte er Ribbentrop, Göring, Heß, Goebbels, Lammers, Brauchitsch, Raeder und Keitel.

Am 21. Mai 1935 schuf Hitler den Reichsverteidigungsrat.

Am 30. August 1939 bildete Hitler den Reichsverteidigungsrat in einen »Ministerrat für die Reichsverteidigung« um. Er ernannte Göring zum Vorsitzenden und die Minister Heß, Frick, Funk, Keitel und Lammers zu Mitgliedern:

In der Sitzung vom 23. November 1939 unterstrich der Vorsitzende dieses Rates, Göring, daß »der Reichsverteidigungsrat eine entscheidende Instanz in Fragen der Kriegsvorbereitung« sei und daß »Sitzungen des Verteidigungsrates zur Fassung der wichtigsten Beschlüsse anberaumt werden«.

Nicht die Verteidigung, sondern der Angriff und die Vorbereitung von Angriffskriegen war Aufgabe dieses Rates. An den Vorbereitungen für den Krieg nahmen nicht nur die Mitglieder des Reichsverteidigungsrates teil, sondern auch alle anderen Minister.

So nahmen an der Ratssitzung vom 23. November 1939 neben Göring, Funk, Frick, Himmler, Keitel und Lammers die Minister Schwerin von Krosigk, Dorpmüller und andere teil.

Auf dieser Sitzung wurden nicht nur der Arbeitseinsatz von Kriegsgefangenen und der Bevölkerung der besetzten Gebiete in der Kriegswirtschaft geplant, sondern auch der Arbeitseinsatz der Internierten und ihre Anzahl während des Krieges.

Im Protokoll heißt es:

»Der Generalbevollmächtigte für die Wirtschaft« – das heißt Funk – »wird beauftragt, die Arbeit festzulegen, welche Kriegsgefangene und Häftlinge in Gefängnissen, Konzentrationslagern und im Zuchthaus zu leisten haben. Laut Mitteilung des Reichsführer-SS wird sich während des Krieges eine bedeutend größere Zahl Menschen in den Konzentrationslagern befinden.

Vorläufig wird die Zahl der in den Werkstätten innerhalb der Konzentrationslager Beschäftigten auf 20000 Häftlinge geschätzt.«

Während dieser Sitzung wurden die Weisungen über die Zusammenarbeit des OKW mit dem Generalbevollmächtigten für die Wirtschaft vom 3. Mai 1939 bezüglich der Umstellung der Betriebe auf Kriegswirtschaft erwähnt; es wurden die Pläne eines totalen Krieges besprochen, besondere Berichte des Chefs der Abteilung V des Generalstabs – Oberst Gehrke – und des Verkehrsministers Dorpmüller wurden gehört.

Wurden alle Mitglieder der Reichsregierung von diesen Beschlüssen in Kenntnis gesetzt? Fraglos ja. Das ergibt sich schon aus dem Verteiler, der zeigt, an wen das Sitzungsprotokoll vom 23. November 1939 geschickt wurde. Das Protokoll der Sitzung des Reichsverteidigungsrates wurde gesandt an: den Stellvertreter des Führers; den Chef der Reichskanzlei; den Präsidenten des Geheimen Kabinettsrates; den Beauftragten für den Vierjahresplan; das Auswärtige Amt; den Reichsjustizminister; den Reichsminister des Innern; den Reichsminister für Erziehung und Volksbildung; den Generalbevollmächtigten für die Wirtschaft; den Reichsminister für die kirchlichen Angelegenheiten; den Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft; den Reichsarbeitsminister; den Reichsfinanzminister; den Reichsverkehrsminister; den Reichspostminister; den Präsidenten des Reichsbankdirektoriums und so weiter.

Der Umstand allein, daß die Mehrzahl der Mitglieder der Reichsregierung Angeklagte in diesem Prozeß sind, zeigt schon zur Genüge den Charakter dieser Organisation.

Ich bin der Ansicht, daß die Schuld der deutschen Hitler-Regierung an der Begehung der schwersten Verbrechen voll erwiesen ist und daß die Reichsregierung als eine verbrecherische Organisation erklärt werden muß.

Meine Herren Richter!

Um die Greueltaten zu begehen, die sie ersonnen hatten, schufen die Anführer der faschistischen Verschwörung ein System verbrecherischer Organisationen; mit diesen habe ich mich in meiner Rede schon befaßt.

Heute erwarten jene, die sich Unterjochung der Welt und Völkervernichtung zum Ziele gesetzt hatten, mit Beben den Urteilsspruch des Gerichtshofs.

Dieser Urteilsspruch gilt aber nicht nur den Urhebern der blutigen faschistischen Ideen, den hauptsächlichen Organisatoren der hitlerischen Verbrechen, die hier auf der Anklagebank sitzen.

Ihr Urteilsspruch, meine Herren Richter, muß das ganze verbrecherische System des deutschen Faschismus treffen, jenes komplizierte, weitverzweigte Netz von Partei-, Regierungs-, SS- und Militärorganisationen, mittels derer die grauenerregenden Vorhaben der Verschwörer unmittelbar in die Tat umgesetzt wurden.

Auf den Kriegsschauplätzen hat die Menschheit schon ihren Urteilsspruch über den verbrecherischen deutschen Faschismus gefällt.

Im Feuer der größten Schlacht der Weltgeschichte haben die heldenmütige Rote Armee und die tapferen Heere der Alliierten nicht nur die Hitler-Horden zerschlagen, sondern auch die hohen und edlen Grundsätze internationaler Zusammenarbeit, menschlicher Moral und humaner Regeln des menschlichen Zusammenlebens aufs neue zur Geltung gebracht.

Die Anklagevertretung hat ihre Pflicht vor diesem Gerichtshof erfüllt, vor dem heiligen Andenken der unschuldigen Opfer, vor ihrem eigenen und dem Gewissen der Völker.

So möge denn nun das Gericht der Völker über alle faschistischen Henker sein Urteil fällen, ein gerechtes und strenges Urteil.

VORSITZENDER: Der Gerichtshof vertagt sich jetzt bis 10.00 Uhr morgen früh.